Endlich ging es mal wieder auf Brauerei-Challenge. Dieses Mal in die schöne Schweiz mit ihren mittlerweilen weit über 1.000 Brauereien. Das ergibt bei ca. 8.000.000 Einwohnern mit die höchste Brauereidichte der Welt. Organisiert hat die Tour mein liebgewonnener Bierfreund Reto. Seines Zeichens der Hopfenerd, mein Schweizer Pendant in Sachen Brauereiblog. Entsprechend wurden wir bei der Burgdorfer Brauerei empfangen.
Begrüßt wurden wir von David Sailer und seinem Triple, welches in der Schweiz zum Tripleweltmeister gekürt wurde. Mit 20% Stammwürze, vergoren mit einer belgischen Hefe und einer Kandiszuckergabe von 27 kg auf 5 hl wurde mir morgens um 10 Uhr gleich warm ums Herz. Real good thing. David ist ein wahrer Vorzeigebrauer. Über Alpirsbach und Hochdorf hat es ihn 2011 in die Schweiz verschlagen, als er in Burgdorf anheuerte. Der Vorzeigeschwabe ist nicht nur aufgrund seiner Braukünste in Burgdorf sesshaft geworden.
Die Brauerei befindet sich heute in einem ehemaligen Kornhaus, Baujahr 1770, das als Kornlager genutzt wurde. Ein wunderschönes, denkmalgeschütztes Refugium. Nach dem Kornlager wurde es als Salzlager und später als Museum für Heimatkunde genutzt.
Die Burgdorfer Gasthausbrauerei wurde ursprünglich 1999 im Schützenhaus, dessen Eigentümer der Erfinder der Insulinpumpe namens Willi Michel ist, gegründet. Diese war anfangs auf 1.000 hl ausgelegt. Durch schnelles Wachstum auf 5.000 hl war der Umzug 2012 ein Muss. Das Kornhaus befindet sich im Eigentum der Stadt Burgdorf. Die Burgdorfer Gasthaus AG hat die Brauerei zu diesem Zeitpunkt von ihrem Gründer übernommen. Heute hat die AG 8.000 Aktionäre, eine Aktie ist aufgrund der hohen Nachfrage kaum zu erwerben. Der ursprüngliche Aktienwert lag damals bei 250 Franken, die letzten wechselten für 3.000 Franken ihren Besitzer. Beschäftigt sind in der Brauerei 12 Mitarbeiter, von den Brauern, dem Außendienst bis zum Chauffeur (auf Deutsch: Bierfahrer). Im Schützenhaus, der ersten Burgdorfer Braustätte, werden bis heute die Spezialsorten auf dem kleinen Sudwerk gebraut, die Hauptsorten hier im Kornhaus.
Geplant wurde das 30 hl Casparysudhaus vom gleichnamigen Sudhaushersteller. Ein Meisterstück. Das absatzstärkste Gebräu ist das Helle, gefolgt vom bernsteinfarbenen untergärigen „Aemme“ und dem klassischen Weizen.
Der Gär- und Lagerkeller, ein Traum. Perfekt geplant von der Firma Heinrich Leicht in Bamberg. Die Untergärigen werden bei 10°C angestellt und mit max 12 °C vergoren. Die Obergärigen mit 18°C und mit max. 21 °C vergoren. Geführt, also verwendet wird die obergärige Hefe genau 1 mal, die untergärige bis max. 10 mal. Bezogen werden die Trockenhefen von Fermentis, Augsburg.
Mein Lieblingstrunk ist neben dem Dampfbier, das 2012 den World Beer Award in dieser Kategorie gewonnen hat, das „Aemme“. Ich liebe caramellmalzige, leicht süße Zaubertränke untergäriger Brauart. Lecker.
Für die Einbringung des Sudhauses musste eine Einbringungsöffnung in den Boden der heiligen Hallen gehauen werden, da der Denkmalschutz eine Öffnung in die Hauswand nicht zuließ. Und so schwebte das Sudhaus aus dem Keller ins heutige EG. Crazy.
Geklärt werden die filtrierten Spezialitäten mit einer Zentrifuge, in der Schweiz in Brauereien dieser Größe üblich. Im Übrigen hat die Brauerei 2019 mit 8.000 hl ihre Kapa erreicht. Mehr geht nicht, that´s it. Zu haben ist der edle Stoff im Übrigen nur ganz regional in der Emmentaler Region.
Auch die im Keller befindliche Abfüllanlage mit einer Stundenleistung von 3.000 Flaschen lässt sich sehen. Der Ein- und Auspacker der Fa. PackTec wurde von David besonders gelobt.
Und am Schluss hat uns David noch seine magische 7 verraten. 7 Stunden Sudhaus – 7 Tage Gärung – 7 Wochen Lagerung – Postleitzahl Burgdorf 3400 macht 7 – 7 Verwaltungsräte – und 7 Minuten Trinkzeit einer Stange (Deutsch Glas Bier). Darauf einen süffigen Bock zu Ehren des Verwaltungsrats Res Zbinden.
Mein Fazit: Burgdorfer – im wahrsten Sinne vom Korn zum Bier… Respekt.