Bin neulich back-to-the-roots-mäßig nach Freising gedüst, um meinen Sohnemann in Weihenstephan vom Studieren abzuhalten. Außerdem wollte ich mich mit Lukis Prof Herrn Dr. Zarnkow treffen, um mit ihm über die Bierherstellung vor der Industrialisierung zu plaudern. Das Ganze geht natürlich nicht, ohne eine schöne Bauerei anzuschauen. Inspiriert durch das Buch vom Hans Carl Verlag „Bayerns Klöster und ihre Brauereien“, das ich von meiner lieben Frau zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, sind wir nach Scheyern gedüst, das eine halbe Fahrstunde nordöstlich von Freising liegt.
Das Kloster Scheyern, die dazugehörige Kirche und die Klosterschenke sind echt sehenswert. Noch bemerkenswerter ist die Geschichte der dazugehörigen Brauerei und ihrer Biere. Die Kloster- und Brauereigeschichte reicht bis ins Jahr 1119 zurück und ist dieses Jahr sagenhafte 900 Jahre alt geworden. Somit zählt Scheyern neben der heutigen Staatsbrauerei Weihenstephan zu den ältesten dokumentierten Braustätten der Welt. Nach der Säkularisation 1803 wechselten die Eigentümer wie die Unterhosen. Nach dem 2. Weltkrieg folgte die schwerste Krise für die Brauerei und so wurde sie in der Not für 50 lange Jahre an die Hasenbräu Augsburg verpachtet. Diese wurde dann an die Tucher verscherbelt und somit verlotterte die Klosterbrauerei immer mehr, so dass 1991 der Brauschlüssel rumgedreht wurde. Als der Pachtvertrag 2001 endete, entschlossen sich die tapferen Mönche, die Brauerei wieder wachzuküssen. Eröffnet wurde am Festtag des hl. Benedikt, am 21. März 2006. Heute leben und arbeiten 15 Mönche im Kloster, geleitet wird die Brauerei von Pater Lukas, der die Brauerei top nachhaltig entwickelt.
Empfangen hat uns der erst 38 Jahre alte Braumeister Tobias Huber, der seit Wiederinbetriebnahme der Brauerei für die Bierqualitäten verantwortlich ist. Seinen Braumeister hat er bei Doemens gemacht.
Die ersten Jahre hat Tobias die Brauerei alleine gerockt. Geplant war eine Jahresproduktion von 2000 hl p.a., die er im zweiten Jahr schon überschritten hatte. Heute braut er mit einem Brauer und einem Lehrling ca. 7.500 hl im Jahr. Das vollautomatische 20 hl Sudhaus von der ehemaligen Firma Nerb, heute Esau & Huber, ist sehr schön in das alte Brauereigebäude Baujahr 1929 integriert.
Alle Biere werden mit dem Infusionsverfahren gebraut. Das Wasser stammt vom klostereigenen Brunnen und wird von 18 ° dH auf brautaugliche 3° dH durch Umkehrosmose enthärtet. Das meist Gebraute in Scheyern ist das Klosterbier Hell. Das liegt wohl an der geografischen Lage und daran, dass es das Lieblingsbier vom Braumeister Tobias ist. Hier seht ihr das alte Sudhaus des Klosters im Vergleich….
Neben dem klassischen Hellen und weiteren ober- und untergärigen Leckereien hat sich Tobias noch craftige Saisonbiere überlegt. Los gehts mit dem Frühlingsrauschen, ein Frühlings Ale mit Polaris feingehopft. Im Sommer gibt es die Sommerfrische, ein Schank-Ale mit easy 4,2 % Umdrehungen. Vergoren und gelagert wird im Eintankverfahren. Bei den Untergärigen geht es bei der Hauptgärung nicht über 10°C, gelagert wird mindestens zwei Wochen bei -1°C.
Auch hier hab ich für euch ein Vergleichsfoto neu vs. alt……
Im Herbst gibt es das super leckere Grünhopfen Pils Herbstwind. Hier würzt Tobias mit Opal, Hersbrucker und Hallertauer Tradition. Last but not least gibt es im Winter im Scheyernland einen hellen Weizenbock namens Winternacht. Klasse ist die Hefepropagation oder Hefereinzuchtanlage. Da freuen sich die Hefen vom Tobias…
Filtriert wird old school und doch sehr zeitgeistig mit dem Kieselgur Rahmenfilter. Tobias verzichtet ganz bewusst auf die Zugabe von PVPP und Eiweissstabilisierung. Ist auch nicht nötig, denn das leckere Gebräu gibt es nur im Umkreis von 20 km um das Kloster. Und das immer frisch, denn das Mindesthaltbarkeitsdatum mit 3 Monaten ist ein echtes Frischeversprechen.
Nebenbei wird in der Brauerei auch noch kräftig gebrannt. Hier wird “ alles gebrannt was kommt“. Das ist den großen Obstgärten des Klosters geschuldet. Von Mirabelle und Co bis zum Bierbrand aus dunklem Doppelbock. Lecker, lecker….
Auf der selbst gebastelten Versuchsbrauerei mit 40 Litern experimentiert Tobias gerade unter anderem mit Honig….
Und dann ging es noch zünftig zum Verkosten in die Klosterschenke…..
…. bevor wir die Parallelen zwischen der eigenen Klosterkirche und…..
… dem brauereieigenen Hopfengarten erkundet haben.
Mein Fazit: Klosterbrauerei Scheyern – dem Himmel so nah. Danke lieber Tobias.