Nach meinem Besuch auf der türkischen Seite von Nikosia bei der OOs Craftbrewing wollte ich natürlich auch einen Schlenker auf die griechische Seite machen. Mitten im wunderschönen türkischen Teil der historischen Altstadt geht es auf der Ledra Street über die grüne Grenze, die die Stadt teilt. Völlig unproblematisch, Personalausweis und Impfnachweis vorzeigen, that´s it. Nikosia hat insgesamt ca. 300.000 Einwohner. Auf der türkischen Seite gibt es eine Craftbeerbrewery und auf der griechischen Seite gleich Zwei. Nach der Grenze biegt ihr einfach in die erste Gasse links ein und dann erreicht ihr in 2 Minuten, direkt an der Demarkationslinie gelegen, das Golem Brewhouse.
Dort hat uns Michael Stourac Cyprus style mäßig total relaxed begrüßt. Er ist waschechter Tscheche und auf den Ruf der Liebe seiner Frau vor fünf Jahren nach Zypern gefolgt. In seinem vorherigen Leben war er IT-ler und hat sich nun ganz jungfräulich im Juli 2021 seinen Lebenstraum einer eigenen Brauerei erfüllt.
Und das hat er richtig gut gemacht. Auf dem Dach seines neuen großzügigen Kühlhauses, das er als Lager- und Ausschankkeller nutzt, hat er seine Zweiwalzenschrotmühle installiert und lagert sein Malz. Die Rohstoffbeschaffung ist im südlichen Teil von Nikosia wesentlich einfacher als im nördlichen Landesteil, denn die Insel gehört ja bekanntermaßen im Ganzen seit 2004 zu Europa. Und das bedeutet freier Warenverkehr für die griechisch Zyprioten. Der nördliche Landesteil gilt aber leider immer noch als türkisch besetztes Gebiet ohne internationale staatliche Anerkennung und unterliegt somit einem schmerzhaften Handelsembargo. Das bedeutet für meine Brauerfreunde auf beiden Seiten: Hopfen und Malzbeschaffung mal griechisch zypriotisch leicht, mal türkisch zypriotisch sehr umständlich. Das Malz bekommen beide aus Deutschland, aus dem Hause Weyermann, das international bei den Craftbreweries durch seine qualitativ sehr hochwertigen, reichhaltigen Spezialmalzsorten schon fast eine Monopolstellung hat.
Michael hat sich eine nagelneue Ss Brewtech Anlage erworben, nachdem er den Innenraum tipitopi hergerichtet hat.
Die elektrisch beheizte Brauanlage bietet alle features, die sich ein Kleinbrauer wünscht. Das Preis-Leistungsverhältnis passt bei dieser Brewtech Anlage optimal, denn diese Anlagen sind sehr kostengünstig zu erwerben. Zudem ist die Edelstahlverarbeitung bei dieser Anlage, im Gegensatz zu manch anderen aus Fernost, ohne Ecken und Kanten verarbeitet. Das Gleiche gilt für die ansehnlichen Gärtanks.
So hat sich Michael alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt, erstklassige Biere zu brauen. Und die braut er vom Allerfeinsten. Das hätte ich in der Levante bei einem Kleinstbrauerkollegen so nicht erwartet. Der Michael ist ein echter Braunerd und hat sich autodidaktisch viel Wissen rund um die Braukunst angeeignet. Respekt. Seine drei Biersorten IPA, Wheat- und Lagerbier, die er alle mit tschechischem Saazer Hopfen würzt, schmecken super sauber und haben eine sehr hohe drinkability. Das Wheatbier mit 60% Weizenmalzanteil vergärt er mit Fermentis Trockenhefe SafAle S-33. Mein Lieblingsbier, das Lager, vergärt er ganz klassisch mit Fermentis SafLager 34/70, der wohl weltweit am weitesten verbreiteten Bierhefe für untergärige Biere. Seine Biere gibt es außer Haus nur in den super stylischen cans…
…für die Gastros gibt es Fassbier. Neben dem Brauhaus lädt zu späterer Stunde ein bieriger Biertreff für Studenten und durstige Zeitgenossen in gemütlicher historischer Ambiente zum Biertrinken ein. Das Draftbeer gibt es „online“ direkt aus dem Kühlhaus von Michael. Ein musthave für alle Bierlover.
Nach der Besichtigung haben wir uns auf der Terrasse vor dem Brauhaus und neben der Grenzlinie entsprechend an Michaels Köstlichkeiten erfreut und erfrischt.
Mein Fazit: Golem Lager, the best beer in town. Cheers.