Habe von meiner Lieblingscraftbierwirtin Barbara vom Maulwurf in Stuttgart Vaihingen den Tipp bekommen, die Familie Kunz und ihre Lamm-Bräu in Untergröningen zu besuchen. Mit diesen arbeitet sie schon seit vielen Jahren hinsichtlich Aktionsbieren zusammen. Untergröningen liegt mit seinen 1.289 Einwohnern ganz grob nördlich zwischen Schwäbisch Gmünd und Aalen auf der Ostalb.
Getroffen habe ich mich mit dem Inhaber und Braumeister Andi Kunz , der die 1830 gegründete Familienbrauerei in 6. Generation führt, im neuen Sudhaus. Das Sudhaus hat der Andi richtig klasse gemacht…
… denn der Plan des Seniorchefs im Hause Kunz war, das alte Sudhaus in den bestehenden Räumlichkeiten durch ein neues zu ersetzen. Am Ende hat sich dann doch der Andi mit seiner am Stammtisch geborenen Idee durchgesetzt, das neue Prunkstück in einem neuen, vorgesetzten Zweckbau zu installieren. Sein Kumpel, der Schreiner, und sein gutes Bier haben ihn dazu inspiriert.
Da hab ich richtig was dazu gelernt. Falls ich mal ein neues Sudhaus bauen sollte, werde ich ebenfalls bei einem guten Bier mit meinem Schreiner über diesen Konzeptansatz sprechen. Andi hat seine Lehre beim Biobier-Pionier Neumarkter Lammsbräu gemacht. Der Kontakt kam damals über den legendären Karl Friedrich Kretschmer, Brauereitechniker, Erfinder des Friabilimeters und Buchautor. Aus seiner Feder stammen unter anderem die Werke „Fibel der Bierschädlinge“ und „Wissenswertes über alte Brauweisen“. Nach der Lehre ging es über die ehemalige Ziegelhofbrauerei in der Schweiz, die Lasser Brauerei in Lörrach und Fischer´s Brauhaus Mössingen noch zwei Monate ins Labor der Dinkelacker Brauerei Stuttgart. Weiterbildung gab es noch für ein Jahr zum Braumeister bei Doemens und zum Betriebswirt.
Gebraut werden auf dem 30 hl Braukonsudwerk, das erst 2019 in Betrieb ging, zehn verschiede all year round und fünf saisonale Bierspezialitäten. Das Export ist mit 40% ausstoßstärkste Sorte. Das sagenumworbene Bier-Appel hat es mir allerdings besonders angetan. Ein super süffiges, extrem zum Weitertrinken anregendes, untergäriges Unfiltriertes. Der Sage nach ist die Bierappel ein Schlossgeist, die vor langer Zeit, spät in der Nacht, eine Magd beim Bierzapfen im Schlosskeller erschreckte, die ihren Herrschaften heimlich an die Biervorräte gehen wollte. Als die Magd den Spunden aus einem Fass zog, um ihren Krug zu füllen, wurde sie von der Bierappel überrascht. Vor lauter Schreck ließ die Magd den Spunden in ihren Bierkrug fallen und steckte ihren Finger in das Loch, um Schlimmeres zu verhindern. Daraufhin spottete die Bierappel: „Oho muss i do lacha, dr Zapfa en dr Kachel ond dr Fenger em Loch!“ Genial!
Die 4000 hl Verkaufsbier im Jahr bei 60% Fassbieranteil (vor 2020) werden mit dem 16° dH Wasser aus dem eigenen Brunnen gebraut. Wegen des etwas härteren Wassers verwendet Andi im neuen Sudhaus eine biologische Säuerungsanlage. Der Gärkeller verbirgt eine ganz besondere Rarität. Kunz Senior war einer der ersten Brauer in Süddeutschland, der 1976 das Vergären im geschlossenen, stehenden ZKG (Zylindrokonischer Gärtank) praktiziert hat. Zur damaligen Zeit ein absolutes Novum und extrem innovativ. Denn damals wurde üblicherweise in offenen Bottichen kalt bei 8°C vergoren. Bei dem heute in fast jeder Brauerei angewandten Eintankverfahren werden die Würzen bei 13 °C unter Druck vergoren.
Die Tanks stammen aus dem Hause Gross aus Radolfzell, das heute zur Firma Kieselmann gehört. Andi hat mir sogar verraten, warum sein nur im Sommer erhältliches Hefeweizen so lecker ist. Die Rezeptur seines Zeiselweizens ist unter Mithilfe seiner Freunde aus der Weissbierbrauerei Gutmann und der Brauerei Sonne Bischberg entstanden. Gelagert werden die Biere um die null Grad, ebenfalls stehend…
Nach dem Lagerkeller sind wir noch auf einen Sprung ins stillgelegte Jakob Carl Sudhaus Baujahr 1952. Wunderschön mit den original grünen Sudhausfliesen. Der Seniorchef möchte dort ein Biermuseum installieren. Da freu ich mich schon drauf…
Vorbei ging es an der hauseigenen Brennerei, bei der leider Gottes momentan aus altem Fassbier edler Bierbrand gezaubert wird,…
… direkt in die Brauereigaststätte zur Bierverkostung. Die Kunzens führen nicht nur diese selber, sondern auch die zwei brauereieigenen Gastros „Hinz und Kunz“ in Schwäbisch Gmünd und in Abtsgmünd. Die Bierverkostung mit Andi und seinem Vater war ein bieriges Highlight. Ich werde mit Sicherheit baldmöglichst mit meiner Gattin wiederkommen und mir dann neben den köstlichen Bierspezialitäten ein leckeres Abendmahl und ein schönes Zimmer im Brauereigasthof gönnen.
Mein Fazit: Lamm-Bräu Untergröningen – sagenhaft!