Ich liebe Weihnachten. Denn da habe ich von meiner Frau eine bierige Reise nach Nürnberg geschenkt bekommen. Eine Reise, auch zu einem Teil meiner frühesten Familiengeschichte. Über meine außerordentlich eindrucksvollen Biererfahrungen werde ich in den nächsten vier Blogs berichten. Selten hat mich eine Bierreise so nachhaltig beeindruckt. Mein Ur- Ur- Ur- Uropa und Brauereigründer in Böblingen, Carl Gottfried Dinkelacker, hat in Nürnberg als Oberknecht einige Jahre Rotbier gebraut und diese untergärige Spezialität dann 1823 bei seiner Brauereigründung im Schwobaländla eingeführt (später hierzu mehr). Nun wollte ich intensiv in die Geschichte des Rotbieres eintauchen und habe mich ins bierige Getümmel geschmissen. Los ging es bei der Hausbrauerei Altstadthof, gleich unterhalb der Nürnberger Kaiserburg gelegen.
An diesem geschichtsträchtigen Brauort hat 1983/1984 Dr. Ehrnsperger von der Neumarkter Lammsbräu seine Idee in die Tat umgesetzt, im historischen Kontext die Brauerei wieder wachzuküssen. Denn hier im ehemaligen Roten Brauhaus wurde bis 1905 gebraut.
1995 hat sich dann der ehemalige Technische Leiter der Neumarkter Lammsbräu, Dipl. Braumeister Reinhard Engel, hier selbständig gemacht, und die Hausbrauerei von seinem ehemaligen Cheffe übernommen. 1997 hat er das Nürnberger Rotbier wiederbelebt, indem er nach einem Braurezept aus dem Jahre 1860 die untergärige Leckerei so authentisch als möglich nachgebraut hat. In dieser Zeit gab es nur „Bio“-Getreide und das Gerstenmalz wurde damals sehr heiß und intensiv gedarrt. In Verbindung mit dem eisenhaltigen Brauwasser der damaligen Zeit entstand so die kupfer- bis rötlich schimmernde Bierfarbe.
Zum ersten Mal wurde in Nürnberg um 1310 im ältesten Satzungsbuch der Stadt Bier erwähnt. Seit dieser Zeit wird das untergärige und traditionell etwas hopfenbetontere Rotbier gebraut und schleichend ab 1905-1910 vom bayrischen Braunbier abgelöst, denn 1806 wurde bekannterweise die Stadt vom bayrischen Staat annektiert. By the way wurde ab 1531 auch obergäriges Weißbier gebraut. Anfangs als reines Gerstenbier, später ab dem 17. Jahrhundert dann auch unter Beimischung von Weízen. Heute werden im Sudhaus übers Jahr 1.500 hl in Form von 10 verschiedenen Biervarianten eingebraut.
Die Biobrauer von der Neumarkter Lammsbräu betreiben bis heute eine eigene Mälzerei. Dort wird das für das Rotbier verwendete Malz extra durch eine intensive Keimung und eine dem Melanoidinmalz angelehnte Darrung hergestellt. Reinhard Engel legt hierauf besonderen Wert, denn so bekommt er die so prägnante Farbe und Geschmack nicht einfach durch Mischung moderner Malze ins Bier. Gelagert wird im „modern-style“…
…seit 2005 wird bei der Altstadthof auch vergorene Bierwürze destilliert…
…. und mindestens 3 Jahre in verschieden getoasteten Eichenholzfässern gelagert und als Ayrer´s Organic Single Malt Whisky abgefüllt. Die Fässer kann man auch personalisieren lassen.
Mein Fazit: Mythos Rotbier – die Legende lebt.